Barrierefreiheit: Das müssen Sie wissen

Barrierefrei in die (Unternehmer)-Zukunft

Stellen Sie sich vor, Ihnen gustet es an einem heißen Sommertag nach einer Kugel Eis. Sie machen sich auf den Weg zu dem neuen Eissalon, von dem Sie schon so viel gehört haben. Endlich dort angekommen trennen Sie einige Stufen von Ihrem Eis. Es gibt keine Rampe und keinen Lift. Denn jetzt kommt der Twist an dieser Geschichte: Sie sitzen im Rollstuhl! Als Rollstuhlfahrer*in können Sie dieses Hindernis keinesfalls alleine überwinden. Keine Barrierefreiheit, kein Eis!

Was bedeutet also Barrierefreiheit?

Tagtäglich werden Menschen mit Behinderung mit solchen Herausforderungen, aber auch Gefahren konfrontiert.
Barrierefreiheit bedeutet, dass jeder Mensch ungehindert überall hingelangen und alles ungehindert nutzen kann.
Das muss allerdings aber nicht nur für die Bewegungsfreiheit gelten. Ein Beispiel: Wenn Sie Ihren Kunden über Lautsprecher Angebote zukommen lassen wollen, gilt dies auch als Barriere. Denn ein gehörloser Mensch erfährt so nichts über das Angebot.

Das Thema Barrierefreiheit ist zwar bekannt aber in der Praxis doch noch vernachlässigt. Das sollte sich eigentlich mit dem 01. Jänner 2016 ändern. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Gesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen für alle Unternehmen in ganz Österreich. Die Räume und Zugänge eines Gebäudes müssen so geplant oder umgebaut werden, dass alle Menschen, unabhängig von ihren Einschränkungen, diese ohne fremde Hilfe betreten und verlassen sowie sich darin frei bewegen können.

Muss ich als Unternehmer*in Barrierefreiheit anbieten?

Sie sind Unternehmer*in, der/die Waren und Dienstleistungen öffentlich anbietet? Dann sind auch Sie verpflichtet Ihr Unternehmen barrierefrei zu gestalten, unabhängig von der Branche und der Größe Ihres Unternehmens. Dabei gibt es keine Ausnahmeregelung!

Das gilt für:

  • Geschäftsräum
  • Praxen und Ordinationen
  • Verkehrsmittel und Anlagen
  • Gastronomiebetriebe
  • Hotels
  • öffentlich zugängliche Veranstaltungen

Eine geschlossene Clubveranstaltung und Vereinsräume, die nur die Mitglieder nutzen, müssen nicht barrierefrei sein.

Alle anderen Angebote wie Informationen in Geschäften und auf Webseiten sollten bereits seit 2006 barrierefrei sein. Barrierefreie Webseiten sind bedienerfreundlich, leicht lesbar und einfach strukturiert. Die Webseite sollte alle technischen Voraussetzung mitbringen, damit diese auch von Blinden und Seheingeschränkten benutzt werden kann.

Barrierecheck – Mehr als die Rampe vor der Türe

Viele Unternehmer*innen stehen mit dem Thema Barrierefreiheit vor einer Herausforderung. Vor allem stellt sich die Frage nach den Kosten und nach der Notwendigkeit. Dabei wird jedoch häufig unterschätzt, dass der Personenkreis, der einen barrierefreien Zugang braucht, nicht klein ist. In Österreich sind ca. 20% von einer Behinderung oder körperlichen Beeinträchtigung betroffen. Weltweit gibt es über eine Milliarde Menschen mit Behinderungen. Hinzu kommt, dass spätestens jeder mit zunehmendem Alter davon betroffen sein wird.

Unterstützung kommt!

Die Wirtschaftskammer Wien bietet Unterstützung und Beratungsangebote (speziell auch für Kleinunternehmer*innen) an. Hierzu empfehlen wir www.wko.at/wien/barrierefreiheit.

Aufwand oder Chance?

Natürlich muss Geld in Barrierefreiheit investiert und dazu ein zusätzlicher Aufwand betrieben werden. Bauliche Barrieren müssen jetzt schon beseitigt werden, sofern die damit verbundenen Investitionen 5.000 Euro nicht übersteigen. Alle anderen Angebote, wie Informationen auf Webseiten, Webshops, Speisekarten etc. müssen bereits barrierefrei sein.
Als Chance ist es vor allem zu sehen, wenn baulichen Änderungen zur Barrierefreiheit vorgenommen werden, dass dadurch der Kundenzuwachs erhöht und Unfallrisiken verringert werden. Auch Waren sind leichter zugänglich und Informationen können für Ihre Kunden besser verständlich gemacht werden.

Das sollten Sie jetzt tun:

Werden Sie aktiv!

  • Erstellen Sie einen Plan zur Herstellung der Barrierefreiheit
  • Lassen Sie Ihre Barrieren prüfen
  • Klären Sie die Finanzierbarkeit ab
  • Machen Sie einen Erstcheck bei Ihrer Wirtschaftskammer. Diese wird bis zu 75% gefördert

Tipp: Das Forum [EPU KMU] stellt für Unternehmen, die ihre Räume nicht barrierefrei zugänglich machen können, kostenlose, barrierefreie Besprechungsräume zur Verfügung. Auch kostenpflichtige Beratungsgespräche mit Kunden mit einer Beeinträchtigung können genutzt werden.

Exkurs: Was geschieht bei Nichteinhaltung der Barrierefreiheit?

In Österreich gibt es keine Behörde, die kontrolliert oder abmahnt, ob ein Unternehmen barrierefrei ist. Sollte sich jedoch ein Mensch mit Behinderung durch eine Barriere diskriminiert fühlen, kann die betroffene Person das Unternehmen auf Schadensersatz klagen.

Mehr zur rechtlichen Situation werden demnächst die Rechtsanwälte von Pitzal/Cerny/Partner schreiben. Man darf also gespannt sein.

Quellen: www.wko.at, Wiener Wirtschaft

Haben Sie noch Fragen dazu?

Kontaktieren Sie uns: +43 1 310 60 10 52 oder info@hellerconsult.com

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