In der beliebten Krimiserie „Law & Order“ läuft es ab wie folgt: Ein Verdächtiger wird ausgeforscht, sofort abgeführt, verhört und angeklagt. Unnützes Law & Order Wissen: Nur in 35% der Fälle kommt es zu einem Schuldspruch (da habe ich wohl nur jede 3. Folge gesehen).
Bei uns in Österreich und generell in der Realität läuft das etwas anders ab. Hier unterscheiden wir zwischen Verdächtigen, Beschuldigten und Angeklagten.
Wie was definiert ist und welche Rechte man hat – da hilft Gast-Bloggerin Mag. Katharina Winkler PLL.M., P/C/P Rechtsanwälte OG, Klarheit in unsere Recherchen zu bringen. Neben ihrer Tätigkeit im Handels- und Zivilrecht, Vertragsrecht und bei Insolvenzen ist sie auch Autorin. Ihre Fachbegriffesammlung „Österreichisches Rechtswörterbuch“ ist im MANZ Verlag erschienen und eine gute Erklärung der Juristenwelt.
Verdächtig oder schon beschuldigt? Es ist nämlich zu unterscheiden, ob eine Rechtsbelehrung stattfindet, weil Sie Verdächtige/r oder weil Sie Beschuldigte/r sind.
- Als Verdächtige/r gilt man, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt und aufgrund dessen ermittelt wird. Anfangsverdacht heißt, dass durch einen hinreichenden Anlass und durch bestimmte Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine Straftat begangen wurde. Der Anfangsverdacht ist die Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Die Phase der Ermittlungen bis zur Konkretisierung des Verdachts bedeutet aber keine „Beschuldigung“.
- Beschuldigte/r ist man, wenn man auf Grund bestimmter Anhaltspunkte konkret verdächtigt wird, eine strafbare Handlung begangen zu haben. Zur Abklärung dieses konkreten Verdachts werden Beweise aufgenommen oder Ermittlungsmaßnahmen angeordnet und durchgeführt. Darunter fallen: Durchsuchungen, Beschlagnahme von Gegenständen, Festnahme, Verhängung der Untersuchungshaft.
- Sobald die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift oder den Strafantrag bei Gericht einbringt, beginnt das Hauptverfahren. Ab diesem Zeitpunkt werden Beschuldigte als Angeklagte bezeichnet.
In der Checkliste: Wie verhalten, wenn die Finanzpolizei stürmt? wurde schon darüber geschrieben, dass Sie bei Kontrollen durch die Finanzpolizei eine Rechtsbelehrung verlangen sollten. Die Finanzpolizei hat eine Rechtsbelehrungspflicht gegenüber Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter (z.B.: Rechtsanwälte) vertreten sind. Das bedeutet, dass Verwaltungsorgane verpflichtet sind, sie über ihr Recht zu belehren. Das beinhaltet auch Anleitungen und Informationen zur Vorgangsweise. Die Behörde klärt die Personen darüber auf, welche Verfahrenshandlungen im jeweiligen Fall in Betracht kommen und weist auch auf erforderliche Anträge und Fristen hin. Die Rechtsbelehrung wird üblicherweise mündlich erteilt. Tipp: Wenn Sie keine Rechtsbelehrung erhalten, fordern Sie diese aktiv ein. (Quelle: BMF-Finanzpolizei)
Details der Rechtsbelehrung
Beschuldigte oder Verdächtige sind durch die Finanzstrafbehörde sobald wie möglich über das gegen sie geführte Finanzstrafverfahren und den gegen sie bestehenden Tatverdacht zu informieren. (Übrigens: Diese Information darf nur so lange zurückgehalten, als befürchtet wird, dass besondere Umstände eintreten könnten und damit der Zweck der Ermittlungen gefährdet wird.)
- Beiziehung eines Verteidigers – einer Verteidigerin
Sie können sich im Finanzstrafverfahren durch einen oder mehrere Verteidiger*innen vertreten lassen. Wenn die Finanzstrafbehörde nicht ausdrücklich Ihr persönliches Erscheinen fordert, kann der/die Verteidiger*in auch an Ihrer Stelle bei der Finanzstrafbehörde auftreten. Ihre Verteidiger*innen brauchen eine ausdrückliche Vollmacht für das Finanzstrafverfahren, auch wenn Sie ihnen für das Abgabenverfahren bereits eine Vollmacht erteilt haben.
Exkurs: Wer gilt als Verteidiger*in? Als Verteidiger*in sind in §48 StPO (Strafprozessordnung) folgende Personen zugelassen: „Verteidiger“ (ist) eine zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft, eine sonst gesetzlich zur Vertretung im Strafverfahren berechtigte oder eine Person, die an einer inländischen Universität die Lehrbefugnis für Strafrecht und Strafprozessrecht erworben hat, sobald sie der Beschuldigte als Rechtsbeistand bevollmächtigt hat, und eine Person, die dem Beschuldigten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes als Rechtsbeistand bestellt wurde.“ (Quelle: Jusline.at)
- Akteneinsicht
Sie haben in jeder Lage des Verfahrens das Recht, in Ihren Finanzstrafakt Einsicht zu nehmen. Dies allerdings nur dann, wenn dies zur Geltendmachung finanzstrafrechtlicher oder abgabenrechtlicher Interessen oder zur Erfüllung solcher Pflichten nötig ist.
- Parteiengehör
Als Beschuldigte/Beschuldigter hat man das Recht, sich gegen die erhobenen Vorwürfe und Beweismittel zu äußern. Bei der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wird man als Beschuldigter zu entsprechenden Voruntersuchungen vorgeladen oder zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Dadurch können Sie sich entsprechend rechtfertigen und Ihre Sicht der Angelegenheit darbringen. Weiters können Sie selbst Beweisanträge stellen und damit z.B. eine entlastende Zeugin oder einen entlastenden Zeugen namhaft machen.
- Verweigerung der Aussage
Als Beschuldigte/Beschuldigter stehen Sie nicht unter Wahrheitspflicht. In dieser Eigenschaft können Sie auch nicht zur Aussage gezwungen werden. Als Verdächtige/r haben Sie eine Auskunftspflicht.
(Quelle: BMF-Finanzpolizei)