Wer bei Factoring an Factory denkt und damit am Fabrik, ist leider etwas vom Weg abgekommen. Der Begriff Factoring stammt aus dem Lateinischen factura und bedeutet Rechnung.
Beim Factoring treten Sie einen Teil Ihrer Kundenforderungen an eine Factoring-Gesellschaft (den Factor) ab und bekommen dafür umgehend einen Teil des Rechnungsbetrages ausgezahlt. Den Restbetrag erhalten Sie, wenn Ihr Kunde die Factoring-Gesellschaft bezahlt hat. Factoring ist nach dem Bankwesengesetz (§ 1 Abs.1 Z.16) ein Bankgeschäft.
Formen von Factoring
Echtes Factoring
Der Factor übernimmt nach Bonitätsprüfung das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Delkredere-Risiko – aus dem Italienischem del credere des Glaubens).
Für Sie heißt das: Sie erhalten den Rechnungsbetrag selbst dann vom Factor, wenn Ihr Kunde nicht zahlt. Dies ist natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Unechtes Factoring
Der Factor übernimmt ausschließlich Inkasso-Aufgaben, also nicht das Risiko des Zahlungsausfalls.
Auslandsfactoring
Beim Auslandsfactoring werden die Risiken des Außenhandels vermindert. Dieses besteht aus 4 Parteien:
- der Exporteur und dessen Factor
- der Importeur und dessen Factor
Es erfolgt Arbeitsteilung zwischen Export- und Import-Factor: Der Export-Factor übernimmt die Finanzierung, der Import-Factor das Mahn- und Inkassowesen sowie die Risikoübernahme im Ausland. Das Export/Import-Factoring erfüllt 3 Funktionen:
- Debitorenmanagement/Schuldenverwaltung
- Bonitätskontrolle + Delkredereübernahme
- Finanzierung/Kaufpreiszahlung
Inlandsfactoring
Neben dem bisher stärker betonten Import- oder Exportfactoring gibt es auch das Inlandsfactoring, bei dem die Delkrederefunktion (des Factors) aber kaum eine Rolle spielt.
Factoring als Dauerschuldverhältnis
Zu beachten ist ferner, dass beim Factoring häufig ein länger dauerndes Schuldverhältnis zwischen Factor und dem Kunden des Factors/Exporteur entsteht (Dauerschuldverhältnis), weil oft nicht nur eine Forderung abgetreten wird, sondern immer wieder neue oder überhaupt alle Forderungen aus einer Geschäftsbeziehung oder gar dem gesamten Geschäftsbetrieb.
Zu wem passt Factoring?
Ein Beispiel: Ein kleiner Wiener Gärtnereibetrieb stellt Rechnungen an die Wiener Gemeinde. Diese zahlt Rechnungen erst nach 3 Monaten. Bei einer so langen Wartezeit wird es schwierig für den Gärtnereibetrieb liquide zu bleiben und seine Ausgaben zu denken. Hier bietet es sich an Factoring in Anspruch zu nehmen und auch die Abzüge der Factoring-Gebühren in die Kostenkalkulation einfließen zulassen. So kann der Kleinbetrieb weiterarbeiten und ist liquide.
Vorteile von Factoring
- Ein Liquiditätsvorteil durch früheren Zahlungseingang und damit verbesserte Zahlungsbereitschaft gegenüber den eigenen Geschäftspartnern
- Das Bilanzbild wird verbessert, die Eigenkapitalquote steigt
- Aufgrund des pünktlichen Zahlungseingangs können Sie klar kalkulieren
- Bei echtem Factoring: Übergabe des Zahlungsausfallsrisikos
- Entlastung von administrativen Tätigkeiten
- Da auch das Mahnwesen von der Factoring-Gesellschaft übernommen wird, bleibt Ihr Verhältnis zum Kunden eher unbelastet
Nachteile von Factoring
- Factoring ist nicht möglich, wenn Sie mit Ihren Kunden An- und Zwischenzahlungen vereinbart haben
- Ihre Kunden könnten die Forderungsabtretung als ein Zeichen Ihrer schlechten Liquidität interpretieren, dadurch könnte das Kundenverhältnis negativ belastet werden
- Die Spesen sind relativ hoch, da Sie auch für die Zwischenfinanzierung Zinsen zahlen müssen. Deshalb ist Factoring erst bei relativ hohen Rechnungsbeträgen rentabel
- Für eventuelle Bonitätsprüfungen Ihrer Kunden müssen Sie meist eine Pauschale zahlen
- Nicht jedes Unternehmen kann seine Forderungen an einen Factor abtreten. Üblich ist Factoring vor allem in der Industrie und im Großhandel. Schwieriger haben es Dienstleister, die ihre Leistungen dem Factor genau definieren müssen
- In den meisten Fällen müssen Sie sich längerfristig an einen Factor binden
- Sie müssen Ihren gesamten Forderungsbestand abtreten. Eine Selektion ist nicht möglich
Fazit
Wenn sich Ihr Unternehmen in einer akuten Liquiditätskrise befindet und der Exekutor bereits vor der Tür steht, ist es zu spät, sich mit Factoring zu beschäftigen. Wenn Sie allerdings bei guter Auftragslage immer wieder vor Liquiditätsengpässen stehen, dann kann Factoring ein geeignetes Instrument im Sinne einer Krisenprävention sein.