„Crowdfunding stellt die Wirtschaft auf den Kopf“ meint der Mitbegründer der Schweizer Crowdfunding Plattform Wemakeit Johannes Gees. Ebenso wie Social Media die Werbe- und Marketing-Landschaft verändert haben, wird Crowdfunding die Finanzierungslandschaft verändern.
Verwunderlich ist es nicht, dass Crowdfunding im Moment einschlägt wie eine Bombe. Denn sowohl Unternehmer als auch Investoren sind auf der Suche nach Alternativen. Die Kreditklemme zwingt die Unternehmen, sich abseits der widerwilligen Banken Kapital zu beschaffen. Die Investoren freuen sich über Renditen die über den aktuellen Bankzinsen liegen.
Gerade in Österreich ist der Bedarf an Eigenkapital groß. Die Eigenkapitalausstattung unserer KMU liegt bei ca. 25% des Gesamtkapitals, womit Österreich im EU-Vergleich das Schlusslicht ist. Der Private Equity und Venture Capital Anteil am BIP lag in Österreich im Jahr 2012 bei bescheidenen 0,037 %. Im Vergleich: In Großbritannien lag der Anteil bei 0,834%! (Quelle: EVCA)
Aber mal zurück an den Start: Was ist Crowdfunding eigentlich?
Und hier muss schon einmal Aufklärung betrieben werden. Crowdfunding hat sich aus der Finanzierung ungewöhnlicher Ideen und Projekte über Internetplattformen entwickelt. Die Crowd sind Privatpersonen, die mit finanziellen Beiträgen einer Projektidee zur Umsetzung verhelfen können. Eine Gegenleistung für die Crowd gibt es dabei in der Regel nicht. Häufig gibt es jedoch kleine Give-aways, z.B. Freikarten, wenn man ein Event mitfinanziert oder eine CD, wenn man eine Plattenproduktion mitfinanziert. Eine Beteiligung am Unternehmen oder am Gewinn entsteht daraus aber nicht. „Crowdfunding“ entspricht daher eher Spenden oder Sponsoring.
Crowdinvesting – Eigenkapital durch Privatinvestoren
Finanzieren sich Unternehmen – und es sind vorwiegend Start-Ups mit innovativen Ideen – über die Crowd, muss man korrekterweise von Crowdinvesting sprechen. Denn hier beteiligen sich Privatinvestoren an den kapitalsuchenden Unternehmen. Je nach Plattform variiert die Höhe der Mindestinvestition.
Im Gegenzug sind die Investoren finanziell am Gewinn oder dem Kapital des Unternehmens beteiligt. Die bestehenden Crowdinvesting-Plattformen bieten unterschiedliche Formen der Beteiligung an.
Beteiligungsformen beim Crowdinvesting
- Partiarisches Nachrangdarlehen: die Investoren überlassen den Startups einen Investitionsbetrag für eine bestimmte Beteiligungsdauer als Darlehen. Die Investoren sind nur am Gewinn und an etwaigen Verkaufserlösen beteiligt, beides wird in Form von Zinsen ausgezahlt. „Nachrang“ bedeutet, dass diese Darlehen im Falle einer Insolvenz oder Liquidation des Unternehmens nachrangig zu den Forderungen aller anderen Kreditgeber befriedigt werden – jedoch noch vor Rückerstattung des Eigenkapitals.
- Typisch stille Beteiligung: Bei einer typischen stillen Beteiligung ist der stille Gesellschafter am Gewinn und je nach Vereinbarung am Verlust des Unternehmens beteiligt, nicht jedoch am Vermögen. Der Kapitalgeber tritt nach außen aber nicht in Erscheinung. Eine Beteiligung des Kapitalgebers am Verlust kann vertraglich ausgeschlossen werden. Der stille Gesellschafter hat in der Regel auch keinerlei Mitspracherechte, im Falle einer Insolvenz kann der Kapitalgeber seine Ansprüche wie ein Gläubiger geltend machen.
- Atypisch stille Beteiligung: Hier wird der stille Gesellschafter nicht nur am Gewinn bzw. Verlust beteiligt, sondern auch am Gesellschaftsvermögen. Darüber hinaus werden bei einer atypisch stillen Beteiligung oftmals weiter reichende Mitspracherechte eingeräumt, was bei der typisch stillen Beteiligung nicht der Fall ist.
- Genussrechte: Das Unternehmen gewährt dem Genussrechtsinhaber für das von ihm eingezahlte Genussrechtskapital eine Beteiligung am Erfolg des Unternehmens. Der Genussrechtsinhaber ist nicht Gesellschafter und hält keine gesellschaftertypischen Mitgliedsrechte wie Mitwirkungs- und Kontrollrechte, sondern mitgliedschaftsähnliche Vermögensrechte.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen von Crowdinvesting in Österreich
Der rechtliche Rahmen für Crowdinvesting wird gerade sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene diskutiert. Denn Fakt ist: Banken vergeben derzeit nur bedingt Kredite an die Unternehmen. Crowdinvesting wäre da eine willkommene Alternative, die aber bislang noch einige Hürden – gerade für KMU bereithält.
Diese Hürde besteht vorwiegend in der „Prospektpflicht“. Diese besteht, wenn Wertpapiere oder Veranlagungen einem öffentlichen Publikum angeboten werden. Dies trifft auf Crowdinvesting zu. Die Prospektpflicht dient in erster Linie dem Anlegerschutz. Sie soll gewährleisten, dass Anleger sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten bilden können. Die Erstellung und Genehmigung eines Prospekts ist jedoch eine zeit- und kostenintensive Angelegenheit, die KMU nicht bewältigen können.
Dennoch – und das ist die große Kritik – besteht die Prospektpflicht in Österreich aktuell ab einer Finanzierungssumme von 250.000 € (bis Juli 2013 lag sie bei 100.000 €!). Zum Vergleich: der EU-Rahmen erlaubt einen Spielrahmen von 5 Mio. Euro.
Bei einer „Wirtschaft im Wandel“-Diskussion am 30. Jänner 2013 betonte Wirtschaftsminister Mitterlehner, dass Österreich großes Interesse habe, die österreichischen Bedingungen für Crowdfunding zu erleichtern. Neben Bemühungen zu einer Harmonisierung innerhalb der EU sollen KMU bei der Erstellung eines Kapitalmarktprospektes mit einer 25%igen Förderung unterstützt werden.
Bleibt zu hoffen, dass hier rasch Änderungen erzielt werden, denn Österreich braucht die Innovationskraft der KMU und ihren Beitrag zum Einkommen.