Versicherungsbetrug – ein Blick hinter die Kulissen

Gastbeitrag von Dr. Alexander Tayenthal

Versicherungsbetrug ist die unberechtigte Erlangung einer Leistung von einer Versicherung in betrügerischer Absicht. Geschädigt wird dabei nicht nur die Versicherungsgesellschaft selbst, welche die Leistung erbringt, sondern indirekt auch die Versichertengemeinschaft, die durch ihre Prämien die Leistung finanziert.

In Österreich stehen Prämieneinnahmen von jährlich € 15 Mrd. rund 3,2 Mio. Schadensfälle gegenüber. Schätzungen gehen davon aus, dass 10 – 15% der Schadensfälle als betrügerisch einzustufen sind. Die Aufklärungsquote ist mit 10 – 20% der Betrugsfälle gering, die Dunkelziffer dementsprechend hoch. Pro Jahr erfolgen lediglich 300 – 500 Anzeigen.

 

“hard fraud” und “soft fraud”

Relativ selten ist der sogenannte „hard fraud“, d.h. das absichtliche Herbeiführen eines Schadensfalles (z.B. Brandstiftung) zum Zweck des Versicherungsbetrugs oder das Vortäuschen eines Schadens (z.B. ein kaskoversichertes Kfz, das ins Ausland gebracht und dort verkauft, jedoch fälschlich als gestohlen gemeldet wird). Dabei handelt es sich oft um hohe Schadenssummen.

Die häufigste Form des Versicherungsbetruges ist jedoch der sogenannte „soft fraud“. Dabei wird ein tatsächlich eingetretener Schaden, der wegen eines Risikoausschlusses nicht oder wegen eines Selbstbehalts nicht im gewünschten Ausmaß unter den Versicherungsschutz fällt, ausgenutzt oder übertrieben dargestellt, um doch eine Versicherungsleistung zu erlangen (z.B. wird die Schadensforderung von einem geschädigten Kunden im Zusammenwirken mit dem Versicherungsnehmer höher angesetzt, damit ein vorgesehener Selbstbehalt in dessen Betriebshaftpflichtversicherung unterlaufen wird). Zu diesen Fällen zählt auch das Ausnützen einer Über- oder Doppelversicherung zur Bereicherung im Schadensfall.

“soft fraud” als Kavaliersdelikt?

Während der „hard fraud“ ein hohe kriminelle Energie voraussetzt und auch oftmals von professionellen Tätergruppen betrieben wird, wird der „soft fraud“, wie Befragungen zeigen, von vielen Menschen als Kavaliersdelikt betrachtet. Da die meisten Versicherungsnehmer – auch im Firmenversicherungsbereich – weitgehend im Unklaren über die Details ihres Versicherungsschutzes sind, führen Ablehnungen und Selbstbehalte im Schadensfall oftmals zu Enttäuschungen und werden als ungerecht empfunden. Dies kann ein Motiv für Versicherungsbetrug sein.

Neben dem klassischen Versicherungsbetrug ist der sogenannte Prämienbetrug zu erwähnen. Durch falsche Angaben des Versicherungsnehmers wird die Prämie reduziert (z.B. bei der jährlichen Meldung von Lohnsumme und Umsatz in der Betriebshaftpflichtversicherung).

Die Versicherungsgesellschaften müssen die Kosten des unentdeckten Versicherungsbetrugs und die Kosten für die oft zeitaufwendige Schadensprüfung gegeneinander abwägen. Eine effiziente Abwehr des Versicherungsbetrugs stellt für sie zwar einen Wettbewerbsvorteil durch geringere Schadenquoten und damit niedrigere Prämien dar, doch besteht stets die Gefahr, dass durch übertriebene Anspruchsprüfung ehrliche Kunden im Schadensfall nicht befriedigt werden.

Dr. Alexander Tayenthal ist Geschäftsführer der Versicherungsmakler Dr. Tayenthal GmbH. Als unabhängige Versicherungsmaklergesellschaft ist diese auf die Versicherung von Gewerbebetrieben, freien Berufen und Bauprojekten spezialisiert.
Website: http://www.tayenthal.at

 

Haben Sie noch Fragen dazu?

Kontaktieren Sie uns: +43 1 310 60 10 52 oder info@hellerconsult.com